Patchwork-Familien sind heute fast häufiger
anzutreffen als die klassische „Kernfamilie“. Die Scheidungszahlen nehmen
rasant zu. Nicht selten heiraten Geschiedene erneut oder leben mit einem
Partner zusammen, der ebenfalls Kinder in die Familie mitbringt. Genauso häufig
kommt es vor, dass die „neuen“ Partner sich entscheiden noch gemeinsame Kinder
zu bekommen. In dieser Form der Familie gibt es dann leibliche Kinder und
Stiefkinder.
Das deutsche gesetzliche Erbrecht
beruht auf der Blutsverwandtschaft. Ausnahmen hierzu bilden nur der Ehegatte
oder der eingetragene Lebenspartner. Durch die Stiefelternschaft allein wird
jedoch kein Verwandtschaftsverhältnis begründet. Stiefeltern sind mit ihren
Stiefkindern lediglich verschwägert. Es sei denn, es erfolgt eine Adoption.
Stiefkinder sind daher gegenüber ihren Stiefeltern weder erb- noch
pflichtteilsberechtigt. Viele Eltern machen sich jedoch Gedanken, wie sie ihre
eigenen leiblichen Kinder und die Stiefkinder gerecht behandeln können bei der
Verteilung der Erbmasse.
Vor dem Verfassen erbrechtlicher
Regelungen in der Patchworkfamilie können daher folgenden Überlegungen
hilfreich sein:
1.
Muss
überhaupt etwas geregelt werden? Es lohnt auf ein Blick auf die gesetzliche
Erbfolge!
2.
Haben
die Beteiligten (Ehegatten/Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft)
bereits
ein Testament?
Wenn ja,
Handelt es sich um
Einzeltestamente oder ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag?
Einzeltestamente sind
jederzeit frei widerrufbar.
Handelt es sich dagegen um
ein gemeinschaftliches Testament, sind weitere Überlegungen anzustellen:
a)
Ist
es wirksam?
b)
Wenn
ja: Sind wechselbezügliche Verfügungen enthalten?
(Wechselbezüglich
sind Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament, wenn die eine Verfügung
nicht ohne die andere getroffen wäre.)
c)
wenn
ja: Kann die Bindung der wechselbezüglichen Verfügungen überwunden werden?
Beim
Erbvertrag muss man sich die Frage stellen, ob eine vertragsmäßige Verfügung
besteht und wenn ja, wie diese überwunden werden kann.
Hat man diese Fragen beantwortet,
stellt sich die Frage, wie denn nun testiert werden soll.
Auch in Patchworkfamilien hat jeder
Partner die Möglichkeit ein Einzeltestament zu verfassen. Gemeinschaftliche
Testamente sind nur möglich, wenn die Beteiligten verheiratet sind oder in
einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Nichteheliche Lebensgefährten
haben die Möglichkeit per Erbvertrag bindend zu testieren. Hier darf jedoch
nicht vergessen werden, dass dieser Erbvertrag vom Notar beurkundet werden
muss. Ansonsten ist der Erbvertrag nicht wirksam.
Hat man sich die Form des Testaments
überlegt, beginnt der schwierige Teil. Die Beteiligten müssen sich überlegen,
welchen Inhalt ihre letzwilligen Verfügungen haben sollen.
Hierbei sind folgende Fragen
hilfreich:
1.
Sollen alle Kinder, die eigenen und die des
Partners gleich behandelt werden?
2.
Wie
soll der Ehegatte oder Partner gestellt werden?
3. Welche
erbschaftssteuerlichen Folgen löst die gewählte Form der letztwilligen Verfügung
aus?
4.
Wie
kann Streit vermieden werden? (Regelung von Pflichtteilsansprüchen und
Pflichtteilsverzichten)
5.
Wie
kann verhindert werden, dass der Ex-Partner von der Erbschaft profitiert?
6.
Soll
die letztwillige Verfügung wirklich bindend sein oder soll der überlebende
Partner flexibel sein dürfen bei der Verteilung des Nachlasses?