Vorsorgevollmachten
sollen und werden Personen ausgestellt, denen der Vollmachtgeber vertraut.
Manchmal läuft das Leben jedoch nicht so wie man es sich wünscht und einst gute
Verhältnisse erfahren eine Wendung. Die Vorsorgevollmacht wird jedoch nicht
rechtzeitig widerrufen und ist in der Welt.
Eine
Vorsorgevollmacht wirkt zum einen nach Außen, da der Bevollmächtigte seinen Vollmachtgeber
in der Regel nach Außen vertreten soll. Jedoch ist auch das Verhältnis zwischen
dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten ein Rechtsverhältnis mit Rechten
und Pflichten. Darüber sind sich Vollmachtgeber und Bevollmächtigter beim
Verfassen der Vollmacht oft nicht im Klaren. Das Rechtsverhältnis zwischen den beiden
wird als Grundverhältnis bezeichnet. Ist dieses Verhältnis aus irgendwelchen Gründen
nichtig, kann die Vollmacht jedoch immer noch im Außenverhältnis verwendet
werden. Dies birgt Gefahren für den Vollmachtgeber.
Im
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25.03.2014 (X ZR94/12) setzt sich dieser
erstmals mit dem Pflichten des Vorsorgebevollmächtigten aus dem Grundverhältnis
auseinander. Er gleicht die Pflichten des Bevollmächtigten denen des
gesetzlichen Betreuers an.
Es
geht um folgenden Sachverhalt:
Eine
Mutter hatte ihrem Sohn ihr Hausanwesen im wegen der vorweggenommenen Erbfolge
vermacht. Der Sohn räumte ihr dort ein lebenslanges Wohnrecht ein. Sie hatte
ihrem Sohn ferner eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht ausgestellt.
Kurz danach wurde sie krank und nach dem Krankenhausaufenthalt sollte sie noch
in Kurzzeitpflege. Danach wollte sie in ihr eigenes Heim zurückkehren. Während
ihrer Abwesenheit hatte ihr Sohn bereits einen festen Heimvertrag
abgeschlossen, ihren Telefonanschluss und Hausnotruf gekündigt. Der Sohn verbot
Freunden und Familien die alte Dame im Heim zu besuchen. Ihr gelang es jedoch
mit Hilfe ihrer Freunde, die Vollmacht zu widerrufen.
Mit
seiner Entscheidung folgt der Bundesgerichtshof einer bereits bestehenden
Tendenz des Gesetzgebers in der Gesundheitssorge und Unterbringungssachen. In
diesen Aufgabenbereichen hat der Bevollmächtigte bereits jetzt die gleichen
Pflichten wie der gesetzliche Betreuer, da die Rechtsgüter einen
außerordentlich hohen Stellenwert haben.
Die
Gleichsetzung der Pflichten von Betreuer und Bevollmächtigten ist
gerechtfertigt, da mit der Vorsorgevollmacht eine Betreuung vermieden werden
soll. Der Bevollmächtigte erfährt jedoch so gut wie keine Kontrolle. Die
betroffenen Personen, die die Vollmacht ausstellen, sind oft nicht in der Lage
aufgrund ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes gegen den Bevollmächtigten
zu wehren, wenn sie merken, dass dieser die Vollmacht missbraucht. Das
Betreuungsgericht setzt auch nur einen Kontrollbetreuer ein, wenn es von einem
Missbrauch der Vorsorgevollmacht Kenntnis bekommt. Das passiert jedoch nicht
häufig.
Pflichten
im Einzelnen:
1. Auskunfts- und
Rechenschaftspflicht
Der
Bevollmächtigte schuldet- wie der gesetzliche Betreuer auch- seinem
Auftraggeber (Vollmachtgeber) Auskunft- und Rechenschaft. Er muss auf Verlangen
des Vollmachtgebers Rechnung legen. Der Bevollmächtigte muss beweisen, dass er
ihm anvertraute Gelder ordnungsgemäß verwendet hat.
2. Besprechungspflicht
Ein gesetzlicher Betreuer muss alle wichtigen Angelegenheiten mit seinem Betreuten besprechen, dass dieser die Gelegenheit bekommt, Wünsche und Meinungen zu äußern. Diese Pflicht gilt auch für den Bevollmächtigten. Die Frage ist nun, was genau unter einer wichtigen Angelegenheit zu verstehen ist. Das beurteilt sich immer aus der Sicht des Betreuten oder Vollmachtgebers. Der Gesetzgeber hat einige wenige wichtige Angelegenheiten im BGB aufgezählt.
- Telefon- und Postangelegenheiten
- Wohnungsauflösung
- Risikoreiche ärztliche Behandlungen
- Sterilisation
- Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen
Im
vorliegenden Fall hat das Gericht klar gesagt, dass es die Pflicht des Sohnes
gewesen wäre, sein Vorgehen mit seiner Mutter zu besprechen.
3.
Wunscherfüllungspflicht
Ein
gesetzlicher Betreuer ist verpflichtet die Wünsche des Betreuten zu erfüllen,
wenn sie seinem Wohl nicht widersprechen und die Erfüllung der Wünsche für den
Betreuer zumutbar ist. Er muss auch die Wünsche eines Betreuten beachten, der
nicht mehr geschäftsfähig ist. Die möglichen Wünsche treffen alle
Lebensbereiche wie Wahl des Wohnsitzes, Auswahl des Pflegeheimes, Art einer
ärztlichen Behandlung etc.. Es muss dem Betreuten möglich sein, Leben soweit es
geht nach seinen Wünschen und Vorstellungen zu führen. Diese Betreuerpflichten
sind nun klar auf die Pflichten des Bevollmächtigten übertragen worden. Hier hätte
der Sohn die Mutter befragen müssen, wie sie sich ihre weitere Pflege
vorstellt. Er hätte auch ihre Wünsche versuchen müssen so gut es geht
umzusetzen.
4.
Postangelegenheiten
Einem
gesetzlichen Betreuer ist es nur mit gerichtlicher Anordnung gestattet,
Postangelegenheiten des Betreuten zu regeln oder Entscheidungen über den
Fernmeldeverkehr zu treffen. Das Postgeheimnis steht unter dem Schutz des
Grundgesetzes. An diese Pflichten hat sich auch der Vorsorgebevollmächtigte zu
halten.
5.
Umgangs- und Besuchsverbote
Ein
gesetzlicher Betreuer darf Umgangsangelegenheiten für den Betreuten auch nur
regeln, wenn er diesen Aufgabenkreis vom Gericht übertragen bekommen hat. Er
darf Kontakte zwischen seinem Betreuten und anderen Personen nicht einfach
untersagen, sondern muss genau prüfen, ob ein Kontaktverbot verhältnismäßig ist
und dem Wohl des Betreuten entspricht. Hier hatte der Sohn den Mitarbeitern des
Pflegeheimes untersagt, Besucher aus der Nachbarschaft oder Familie zu seiner
Mutter zu lassen. Vorsorgevollmachten enthalten diesen Aufgabenkreis in der
Regel zum einen nicht. Zum anderen hätte er hier auch prüfen müssen, ob dieses
Besuchsverbot tatsächlich notwendig ist.
Die
Entscheidung Bundesgerichtshofes macht deutlich, dass auch ein
Vorsorgebevollmächtigter nicht schalten und walten kann wie er will. Er muss
dem Vollmachtgeber so viel wie möglich Raum geben, sein Leben selbst zu
bestimmen und autonom zu gestalten.
Aus:
Entnommen aus Seniorenrecht aktuell 10/2014 S. 170 ff.
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